Architektur der Justinuskirche
Die karolingische Basilika
Die karolingische Justinuskirche wurde als dreischiffige Basilika gebaut, im Osten mit drei querrechteckigen, nebeneinander liegenden Altarräumen mit ihren drei Apsiden. Die südliche der Apsiden dürfte bereits um 1090 abgerissen worden sein, die beiden verbliebenen bei der gotischen Erweiterung im 15. Jahrhundert. An der Stelle des ehemals südlichen Altarraums befindet sich heute die Sakristei.
Der ursprüngliche Eingang, ein einfaches Rundbogenportal, befand sich an der Westseite des Mittelschiffs im Bereich des heutigen Kirchgärtchens. Es ist heute vermauert, ein ovales Ochsenauge zeigt seinen ursprünglichen Platz. Heute befindet sich der Haupteingang auf der Nordseite der Kirche (Stadtseite).
Die drei Kirchenschiffe werden im Inneren durch zwei Arkadenreihen getrennt. Sie bestehen aus je sechs Arkaden auf fünf Stützen. Das Mittelschiff wird im Osten durch einen Triumphbogen abgeschlossen.
Länge des Mittelschiffs | 21,50 m | Höhe des Mittelschiffs | 10,70 m (seit den 1930er Jahren 10,30 m) |
Höhe des Mittelschiffs | 10,70 m (heute 10,30 m) | Breite des Mittelschiffs (im Mittel) | 5,39 m |
Höhe der Seitenschiffe | 5,40 m | Breite Seitenschiff (im Mittel) | 2,70 m |
Höhe der Arkaden | 5,40 m | Arkadenbreite zwischen Kapitellen | 2,68 m |
Höhe des Chorturms | 16.00 m | Höhe der Seitensanktuarien | 8.00 m |
Die stadtseitigen Seitenschifffenster im nördlichen Obergaden sind heute zugemauert. Auf der Nordseite der Kirche wurden spätgotische Kapellen angefügt, im Süden die unteren karolingischen Fenster durch gotische ersetzt.
Das Mauerwerk der Justinuskirche besteht nach den Untersuchungen der 1930er Jahre aus rotem, zum Teil geflammtem Mainsandstein und die Säulen aus gelbem Sandstein aus Lauterecken (Pfalz). Der Basalt in den Fundamenten stammt aus den Steinbrüchen von Steinheim bei Hanau. Die Werksteine, zum Beispiel für die Gewölbe über den Kapitellen, bestehen aus Ettringer Tuff aus dem Andernacher Gebiet sowie weißem Muschelkalkstein. Der Mörtel besteht aus sehr feinem Sand mit reichlichem Kalkzusatz.
Die erhaltenen karolingischen Bauteile
Die karolingische Kirche ist noch in großen Teilen im Original erhalten: das Mittelschiff mit seinen kleinen Rundbogenfenstern im Obergaden, die flache Decke, die Säulenarkaden, die Seitenschiffe und die drei Altarräume. Natürlich haben über 1150 Jahre, notwendige Reparaturen, Erweiterungen, Umbauten, kirchengeschichtliche oder kunsthistorische Entwicklungen ihre Spuren in der Justinuskirche hinterlassen. Aber eine vorbildliche Restaurierung 1930 bis 1932 hat die alte Bausubstanz geschont und, wo möglich, sichtbar gemacht.
Einzigartig in Deutschland: die Säulenarkaden mit Blattkapitellen und Kämpfern
Die originalen Säulenarkaden der Justinuskirche mit zwei mal fünf Rundsäulen aus Plinthe, attischer Basis, Säulen mit Halsring und mit ihren korinthisierenden Kapitellen und Kämpfern, gehören zu den bedeutendsten Werken karolingischer Bildhauerkunst. Sie wurden für die Justinuskirche geschaffen. Gegenüber allen anderen erhaltenen karolingischen Kirchen ist einzigartig, dass alle Kapitelle und Kämpfer gleich gearbeitet sind, von kaum wahrnehmbaren kleinen Abweichungen in Verzierungen abgesehen. Diese Säulenarkaden geben Sie dem Langhaus eine große Ruhe und Strenge.
Spätgotische Erweiterungen
Um 1090 erhielt die Justinuskirche einen Turm quasi als „Baldachin“ über dem mittleren Altarraum. Danach wurde sie bis zum Ende der Zugehörigkeit zum Benediktinerkloster St. Alban 1419 baulich kaum noch verändert.
Zwischen 1420 und 1430 wurde der südliche der drei karolingischen Altarräume abgerissen und durch eine gotische Heiligkreuzkapelle, die heutige Sakristei, ersetzt. An das nördliche Seitenschiff wurden drei weitere Kapellen angefügt.
Das Nordportal
Aufgrund der Verlegung des Zugangs von der Westseite zum heutigen Justinuskirchplatz auf der Nordseite der Kirche entstand dort um 1442 ein reich geschmücktes Nordportal, ein Spitzbogen-Portal mit krabbenbesetztem Kielbogen und Kreuzblume. Es wird links von der Statue des Hl. Paulus von Theben und rechts von der des Ordenspatrons der Antoniter, des Hl. Antonius Abbas, begleitet. Das Heiligenpaar wird bei den Antonitern in der Regel gemeinsam dargestellt, so auch auf dem berühmten Isenheimer Altar des Mathias Grünewald in Colmar. Dies entspricht der Legende, wonach die beiden Eremiten in der ägyptischen Wüste zusammentrafen. Das Portal wurde von Steinmetzen der Frankfurter Dombauhütte geschaffen, die beiden Figuren von der Hand des Steffan von Irlebach.
Da bei der Bauausführung das Nordportals offenbar zu weit nach Westen gesetzt worden war, behalf man sich dadurch, dass man die Westwand der Kirche in einem Winkel von gut 12 Grad abknicken ließ, um den Baufehler auszugleichen, was kaum erkennbar ist.
Der Hochchor
Die Antoniter, seit 1441 Hausherren der Kirche, benötigten, den Regeln der Augustiner-Chorherren entsprechend, einen größeren Chor. Bald nach der Übernahme der Kirche wurde dieser in Auftrag gegeben. Es entstand ein einschiffiger, hoher Chorraum mit sieben Maßwerkfenstern, zwei Jochen und einem 5/8-Chorschluss. Der Chor war deutlich höher als die bestehende Basilika, dieser Gegensatz bestimmt bis heute den Anblick der weithin sichtbar über dem Mainufer gelegenen Kirche.
Da der Anbau des gotischen Hochchors der Justinuskirche auf unsicherem Untergrund geschah, waren dafür umfangreiche Vorarbeiten notwendig. Denn im aufgeschütteten Untergrund − am südöstlichen Fuß des Abhangs unterhalb der karolingischen Kirche auf Höhe des Mains − entspringt eine reich sprudelnde Quelle, die noch heute ihr Wasser spendet. Durch sie begannen die in den Untergrund getriebenen Stützbalken schon nach wenigen Jahrzehnten zu faulen. Hinzu kamen Schäden durch ein schwaches Erdbeben. Dadurch senkte sich der Chor, so dass der Anbau seitdem eine leichte Neigung südostwärts zum Main hat. Das ist vor allem im Inneren der Kirche beim Blick auf den Hochaltar zu erkennen.
Bereits 1523 musste daher das ursprüngliche Netzgewölbe des Chors wegen Einsturzgefahr abgetragen und durch eine provisorische Bretterdecke ersetzt werden. Die Veränderungen von 1523, zu denen auch gehörte, dass mehrere der Hochchorfenster zugemauert wurden, kann man noch an den Ansätzen des heute verschwundenen Netzgewölbes an den Chorwänden erkennen. Die Schlusssteine des Hochchores mit den Wappen der Bauherren der Justinuskirche haben sich erhalten. Sie sind im Justinusgarten zu besichtigen. Die provisorische Bretterdecke wurde erst bei der Renovierung 1930 entfernt und durch eine abgehängte Rabitzdecke ersetzt. Ebenso wurden die zugemauerten Chorfenster hinter dem Hochaltar wieder geöffnet.
Die ab 1441 entstandenen Bauteile sind Werke der sogenannten Frankfurter Schule im Umfeld des Frankfurter Stadt- und Dombaumeisters Madern Gerthener. Wichtigster Baumeister in Höchst war der in vielen Orten am Mittelrhein tätige Steffan von Irlebach, ein Schwiegersohn Gertheners, sowie der Steinmetz Peter Wale, der mit Gerthener am Frankfurter Domturm arbeitete.