„Do quamen die ersamen hern sancti Anthonius orden ... geyn hoeste.”

Der noch erhaltene Teil des Antoniterklosters in Höchst
Der noch erhaltene Teil des Antoniterklosters in der Bolongarostraße 137-139 in Höchst. Im Plan unten unter „1” als „Neuer Bau” bezeichnet

Vor 450 Jahren: Die Antoniter in Höchst

Im Herbst des Jahres 1441 tat sich einiges im alten Höchst. Vornehme, dunkelblau gewandete Chorherren vom auch in Höchst wohlbekannten Orden der Antoniter gingen mit Helfern und Knechten im alten Baumanshof an der Hauptstraße und im 1419 aufgelösten Benediktinerkloster westlich der Kirche geschäftig aus und ein. Wagen wurden abgeladen, und in die vorher teilweise ungenutzten Liegenschaften kehrte weder Leben ein. Auch die Kirche, an deren Nordseite gerade drei Kapellen im Bau waren, und das danebenliegende Pfarrhaus inspizierten die geistlichen Herren.

Geländeplan des Antoniterhauses in Höchst.
Geländeplan des Antoniterhauses in Höchst, es umfasste etwa ein Viertel der Altstadt. Nach einem Riss von 1805. Neuzeichnung von H. Storto.

Suche nach einem neuen Domizil

Es war also doch wahr, was schon seit einiger Zeit im Städtchen gemunkelt wurde. Der Antoniterkonvent von Roßdorf bei Hanau verließ sein dortiges Haus und verlegte seinen Sitz nach Höchst. Die junge Stadtgemeinde konnte sich freuen. Würde man doch mit den Antonitern wieder zu klaren Verhältnissen im Kirchenwesen der Stadt kommen. Außerdem konnte man so gut wie sicher sein, dass sich der Orden des Schuldienstes annehmen und vor allem bald ein Hospital bauen werde!

Aber auch die Antoniterchorherren hatten allen Grund zur Freude: Etwa seit dem Jahre 1200 unterhielt der Orden ein in Haus in Roßdorf nahe Hanau. Er widmete sich ausschließlich der Heilung und Pflege von Kranken, die von der Mutterkornvergiftung - einer Krankheit, die in feuchten Erntejahren epidemisch über Europa hinwegging - befallen waren. Einst, von den dortigen Grafen gerufen, hatte sich das Verhältnis zwischen dem Orden und den Territorialherren deutlich abgekühlt. Die Grafen forderten viel und gaben wenig. Man empfand die Lage in der Grafschaft Hanau als Drangsal.

Schon seit 1418 war man auf der Suche nach einem neuen Domizil für die "Präzeptorei", wie ein Antoniterkloster im Sprachgebrauch des Ordens hieß, gewesen. Eindeutiger Favorit war die Stadt Frankfurt am Main. Hinter den Mauern der mächtigen Freien Reichsstadt glaubte man in jeder Hinsicht vor den Unbilden eines Klosterdaseins auf dem flachen Lande sicher zu sein. Außerdem besaß der Orden dort schon seit langem einen Wirtschaftshof in der Töngesgasse (Antonitergasse). Ein diesbezügliches Gesuch an Papst Martin V. wurde von ihm an den zuständigen Diözesanherrn, den Erzbischof von Mainz, zur Entscheidung verwiesen. Erst einmal geschah nichts. Doch nach 143(?) kam Leben in die Sache. Insbesondere die beiden neuen Leute in der Leitung des Erzbistums und des Ordenshauses, Dietrich von Erlesch und Hugo de Bellemonte, sahen jeder für sich große Vorteile, wenn die Umsiedlung des Konventes von Roßdorf anstelle von Frankfurt in das nahe Höchst gelenkt würde.

Die kurmainzische Amtsstadt Höchst war 1355 zur Stadt erhoben und mit einem notdürftigen Mauerring versehen worden. Dass dieser trotz der starken Zollburg im Rücken nichts taugte, hatte der Kronberger Überfall von 1396, bei dem die Stadt niedergebrannt wurde, erwiesen. Ein neuer, größerer Mauerring wurde begonnen und war 1432 fertiggestellt. Den Schutz dieser Mauern gedachten die Antoniter zu nutzen. Man genoss die Vorteile einer kurmainzischen Residenzstadt, in dem überdies leerstehende Klostergebäude vorhanden waren, und war dennoch nicht der direkten Aufsicht des in Mainz residierenden Erzbischofs unterworfen.

Dem Erzbischof war ebenso geholfen. In Höchst haperte es, seit im Jahre 1419 die Benediktiner von St. Alban in Mainz ihr Höchster Kloster an den Erzbischof geschenkt hatten, mit der geistlichen Versorgung der jungen Stadt. Der Versuch, ein Kollegialstift adeliger Herren zu gründen, war gescheitert, und die eingesetzten Pfarrer waren mehr die Genießer von Pfründen als Hirten ihrer Gemeinde. Auch die Messe in Zeilsheim hatte man von Höchst aus zu besorgen.

Alte Scheune des Antoniterklosters in Höchst
Alte Scheune des Antoniterklosters in Höchst

Wunsch zur rechten Zeit

So musste der Wunsch eines angesehenen und leistungsfähigen Ordens nach einem neuen Standort dem Erzbischof gerade zur rechten Zeit zu Ohren gekommen sein. Endlich wurde er seine Sorgen um den Höchster Pfarrsprengel und das aufgelassene Benediktinerkloster los. Schuldienst und ein Hospital kamen gar noch hinzu. Die Antoniter wiederum bekamen die nötigen Räumlichkeiten, einen geistlichen Landesherrn und den Schutz der neuen Stadtmauern von Höchst.

Billig waren die Antoniterchorherren allerdings nicht zu haben. In einer Urkunde vom 21. September 1441 überschrieb ihnen der Mainzer Erzbischof nicht nur die Höchster Pfarrkirche, das Pfarrhaus und das alte Benediktinerkloster mit allen zugehörigen Einkünften, sondern auch noch den Baumannshof in Höchst, wo bis dahin das geistliche Gericht getagt hatte, ferner 409 Morgen Ackerland und Wiesen in Bereich des heutigen Stadtparks und zahlreiche Einnahmen aus Zinsen und dem alten Propsteizehnten. Mit dem alten Klostergut um Roßdorf, das die Antoniter selbstverständlich behielten, bildeten diese Güter den Grundstock des späteren Grundbesitzes der Antoniter von etwa fünfzig Quadratkilometern. Das entspricht der Größe einer mittleren Grafschaft. Und so konnte der Schreiber des Höchster Gerichtsbuches noch im gleichen Jahrein eintragen: »Do quamen die ersamen hern sancti Anthonius orden ... geyn hoeste."

Antoniter als Bauherren

Allerdings mussten auch die Antoniter kräftig investieren. Da die Kirche weiterhin von der Pfarrgemeinde genutzt wurde, bauten sie für ihre Bedürfnisse den großen Chor. Auch das Kloster musste größtenteils neu im Osten der Stadt errichtet werden, da sich der geplante Ankauf von Häusern nicht durchführen ließ. An der Stelle des Baumannshofes baute man 1515 das Hospital.

Aktualisierung:
Das Antoniterhospital existierte bis 1980 in der Bolongarostraße 143. Zuletzt ließ der Besitzer das Hospital - einen der schönsten und bedeutendsten Fachwerkbauten von Höchst und das das älteste noch stehende Krankenhaus in Frankfurt am Main - völlig verwahrlosen und riss es dann ab. Übrig geblieben sind nur der Schildgiebel zur Badstubengasse, eine hofseitige Mauer mit Renaissance-Bauschmuck und das spätgotische Fachwerk an der Front.

Ernst-Josef Robiné

Bis 1803 blieben die Antoniter in Höcht. Dann erlosch auch im Höchster Haus das geistliche Leben. Es war ohnehin zum Zeitpunkt seiner Auflösung das letzte Antoniterhaus auf der ganzen Welt. Für die Stadt Höchst war die Verbindung mit den Antonitern trotz mancher Krisen und Reibereien sehr segensreich. Nicht zuletzt deshalb ist auch heute noch die Erinnerung an diesen Orden in Höchst sehr lebendig.

Dr. Wolfgang Metternich